Mitunter wird im Zusammenhang mit Mathematik-Nachhilfe damit geworben, das "Interesse an Mathematik" wecken zu wollen oder die "Faszination der Mathematik" vermitteln zu wollen. Ich spreche ganz
offen aus, dass dies weder mein Ziel noch mein Anliegen ist. Ich möchte dabei unterstützen, jene Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, die jemand für ein konkret in Angriff genommenes Ziel
(eine Prüfung) benötigt. Wer eine Führerscheinprüfung ablegt, um Auto fahren zu können, muss deswegen schließlich auch keine Faszination für das Verkehrsrecht entwickeln..
Wie ich die Mathematik sehe:
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Mathematik ist für manche Menschen faszinierend oder erscheint zumindest interessant. Mathematik ist auch wichtiges und erfolgreiches Hilfsmittel vieler (Natur-)Wissenschaften. Hier wird
die Richtigkeit der mathematischen Methode durch die experimentelle Bestätigung ihrer Ergebnisse gesichert; die Zweckmäßigkeit spricht für den Einsatz der Mathematik.
Daraus im nächsten Atemzug abzuleiten, "die Welt" sei durch Zahlen beschreibbar oder "Mathematik sei die Sprache der Natur" oder "Mathematik sei der Schlüssel zur Welt" usw. ist ziemlich
verwegen. Innerhalb der Mathematik drückt man sich sogar um die Frage herum, was denn Zahlen nun eigentlich sein sollen. Mathematik beschäftigt sich mit den Eigenschaften von Zahlen, die
"Existenz" von Zahlen wird dabei mehr oder weniger stillschweigend vorausgesetzt. Wiederum dient die Erfahrung, dass die mathematischen Erkenntnisse "schon so stimmen", als Ersatz für einen
zwingenden Beweis. Erkenntnistheoretisch ist das mit dem Begriff der "Zahl" sehr viel schwieriger :-)
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Mathematik generiert im Übrigen auch kein "sicheres" Wissen oder absolut gültige Einsichten in die "Beschaffenheit der Welt" oder wie auch immer man das ausdrücken mag. Mathematische
Sätze sind keine "absolute" Wahrheit. Wer solches behauptet, hat sich vielleicht nie bis zum Gödel'schen Unvollständigkeitssatz vorgearbeitet: die Widerspruchsfreiheit der Mathematik ist
nicht beweisbar (salopp formuliert ;-)). Mit anderen Worten: das gesamte System der Mathematik könnte völlig unsinnig sein, weil sich daraus zu jeder Aussage genausogut das Gegenteil ableiten
lässt (also zu jeder Aussage der "Widerspruch" genauso "richtig" ist). Es gibt zwar aktuell keinen konkreten Anlass zur Annahme, die Mathematik sei in diesem Sinn "völlig unsinnig"; aber wir
werden es gleichzeitig niemals sicher wissen.
Mathematik (moderne Naturwissenschaft generell) ist eine Leistung des kritischen, rationalen, um Objektivität und intersubjektive Nachprüfbarkeit bemühten Denkens. Ich halte das tatsächlich
für eine große Errungenschaft. Gödel's Unvollständigkeitssatz ist in meinen Augen jedoch gleichzeitig die Mahnung, dieses kritische Denken nicht umgehend wieder durch einen "Glauben" an die
"Wahrheit der Mathematik" aufzugeben.
Die Fragen, die man als Schüler/in bei der Matura richtig ankreuzen soll, sind andererseits von solchen Aspekten der Mathematik ohnehin meilenweit entfernt...
Was mein Angebot nicht beinhaltet:
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Ich will niemanden davon überzeugen, wie toll oder faszinierend Mathematik ist. Man kann sich natürlich dafür interessieren (ich hab's ja auch freiwillig studiert :-) ), so wie sich
andere für abstrakte Malerei oder Didgeridoo-Spielen begeistern. Aber das sind persönliche Vorlieben, die nicht allgemein gültig sind.
Obwohl es natürlich stimmt, dass Mathematik mehr Spaß macht, wenn man raus hat wie es geht und sich auch Erfolgserlebnisse einstellen.
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Ich will die Inhalte von Lehrplänen nicht verteidigen. Den Großteil davon wird man im Leben nicht brauchen. So wie man nicht selbst Eier legen muss, um ein Omelette zu backen, braucht man
keine Kenntnisse in sphärischer Koordinatengeometrie, um ein Navi im Auto zu bedienen. Und das Fußballspiel im Fernsehen wird nicht spannender, wenn man weiß, durch welche
Differentialgleichungen sich die Bahn des Satelliten beschreiben lässt, der die Fernsehsignale überträgt.
Es trifft natürlich zu, dass hier mathematische Prinzipien im Hintergrund wirken. Sich mit diesen Prinzipien auseinanderzusetzen, könnte grundsätzlich ein vertieftes und kritisches
Verständnis unserer Welt und/oder unseres Weltbildes fördern. Von einem so verstandenen Bildungsbegriff ist Mathematikunterricht jedoch in aller Regel sehr weit entfernt.